Drogenexperimente und der Sinn von Wissenschaft

Es war einmal, da machte ein Psychologe ein Experiment mit einer Ratte, um die Wirkung von Drogen zu erforschen. Er setzte eine Ratte in einen Käfig und bot ihr einmal Wasser und daneben Wasser mit Drogen kontaminiert an. Natürlich labte sich die Ratte exzessiv am Drogenwasser, bis sie tot umfiel. Erkenntnisgewinn: Drogen sind schädlich. Das wussten wir aber auch schon vor dem Experiment.

Es dauerte sehr lange, bis ein anderer Psychologe das Experiment auf vernünftigere Art durchführte. Er setzte mehrere Ratten in eine mit Anregungen, Beschäftigungs- und Spielmöglichkeiten angereicherte Umgebung. Sie hatten zu tun und sie hatten Gefährten. Wie im wirklichen Leben, oder zumindest ungefähr. Und das Drogenwasser interessierte die Ratten gar nicht so besonders.

Was lernen wir daraus:

1. Experimente zu machen, indem man einzelne Parameter isoliert, das funktioniert bestenfalls in den Naturwissenschaften und auch da nur sehr beschränkt. Um das Interpretieren kommt man auch da nicht herum. In der Arzneimittelforschung geht das auch ziemlich daneben, selbst wenn man es Evidence Based Medicine nennt. Den statistischen Durchschnittsmenschen, der hier „untersucht“ werden soll, wird man in freier Wildbahn vergeblich suchen. In der Psychologie gehen fiktive isolierte Situationen aber komplett an der Lebenswirklichkeit vorbei.

2. Experimente liefern zwar Fakten, die müssen aber dann erst interpretiert werden, im Bewusstsein, dass es in freier Natur keine isolierten Situationen gibt. Man muss zwar Parameter isolieren, um eine überschaubare und untersuchbare Situation zu schaffen, aber hinterher muss man sich auch überlegen, wie das in der Wirklichkeit ausschauen könnte, in der es keine isolierten Situationen, sondern nur komplexe Zusammenhänge gibt.

3. Es sind nicht die Drogen allein, die Menschen ruinieren, sondern das soziale Umfeld und besonders soziale Isolation. Genauso wie die Frage „Impfen ja oder nein?“, ohne andere Faktoren einzubeziehen, über ein Kindergartenniveau nicht hinauskommt.
4. Drogenbekämpfung, die nur die Drogen im Auge hat, ist ziemlich zahnlos.

5. „Geheilt“ werden müsste die Gesellschaft, die manche Menschen dazu verleitet, zu lächerlichen Mitteln zu greifen, um einer lächerlichen Gesellschaft zu entfliehen.

Über Robert Harsieber

Philosoph, Wissenschaftsjournalist, Verleger (RHVerlag), Mitarbeit an verschiedenen Projekten. Philosophische Praxis: Oft geht es darum, Menschen dabei zu helfen, ihr eigenes Weltbild zu erkunden. Interesse: Welt- und Menschenbilder, insbesondere die Frage eines zeitgemäßen Welt- und Menschenbildes.
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